Kompetenzwerkstatt Elektrohandwerk

"Kompetenzwerkst@tt Elektrohandwerk" widmet sich der Entwicklung, Erprobung und bundesweiten Verbreitung eines arbeitsprozessorientierten, softwaregestützten und lernort­über­greifenden Ausbildungskonzepts für den Ausbildungsberuf des Elektronikers der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik. Ein zentrales Element bildete dabei eine Lernsoftware, die sich an den berufl­ichen Arbeitsprozessen und typischen Kundenaufträgen orientiert.

Diese Software soll Auszubildende, Lehrer und Ausbilder darin unterstützen, einen Zusammenhang zwischen betrieblicher, schuli­scher und überbetrieblicher Ausbildung herzustellen. Die Gestaltung der einzelnen Softwaremodule erfolgte anhand charakteristischer, den Beruf vollständig abbildender Aufgabenbereiche. Die Lernsoftware beschreibt und visualisiert für jeden dieser Aufgabenbereiche typische Arbeitsprozesse, bietet das erforderliche Handlungs- und Fach­wissen an und stellt Materialien zur Verfügung. Der Einsatz der Lernsoftware erfolgt eingebettet in Lern- und Arbeitsaufgaben. Die Verbreitung und Nachhaltigkeit der Projektergebnisse werden u. a. durch ein Train-The-Trainer-Konzept sichergestellt.

Das gemeinsam vom Institut Technik und Bildung und dem Institut für Technik, Arbeitsprozesse und Berufliche Bildung der TU Hamburg-Harburg geleitete Vorhaben wurde überregional an drei Stan­dorten in enger Zusammenarbeit mit Berufsbildungsakteuren aus Betrieben, überbetrieblichen Aus­bildungs­zentren, Handwerkskammern und Berufsschulen durchgeführt.

Das lernsoftwaregestützte Ausbildungskonzept wurde zuerst in den Regionen Hamburg, Bremen und Dresden eingeführt und steht mittlerweile bundesweit für einen Einsatz in der betrieblichen, überbetrieblichen und schuli­schen Berufsausbildung zur Verfügung. Die kostenlose Bereitstellung der Software erfolgt über das Internet.

Forschungsschwerpunkte

Die Kompetenzwerkst@tt ist ein umfassendes, berufswissenschaftlich begründetes, software­ge­stütztes Lehr-Lernkonzept. Ein ganzheitlicher didaktischer Ansatz, der auf aktuellen handlungs- und arbeitsprozessorientierten Ansätzen der Berufsbildung und Erkenntnissen der situierten Kognition basiert, bildet den zentralen Bestandteil des Konzepts. Den Forschungs- und Evaluations­schwer­punkt der Kompetenzwerkst@tt stellt die Entwicklung eines Instrumentariums dar, mit dessen Hilfe sich mithilfe von Expertenworkshops und Arbeitsprozessanalysen (Ausbildungs)Berufe durch eine be­grenzte Zahl beruflicher Handlungsfelder darstellen lassen, deren Beschreibungen arbeits­prozess­phasenbezogen Handlungsschritte, Zuständigkeiten, Methoden und Werkzeuge sowie Kompe­tenzanforderungen konkretisieren.

Das Instrument dient der Präzisierung und (Re)Interpretation von betrieblichen und schulischen Ordnungs­mitteln und umfasst die didaktische Methodik der softwaregestützten Lern- und Arbeits­aufgaben für eine projektförmige, handlungsorientierte berufliche Bildung.

Eine arbeitsprozessbezogene, interaktive und modular gegliederte Lernsoftware, die integrativ in Lern- und Arbeitsaufgaben einsetzbar ist, führt diese Komponenten in der praxisnah einsetzbaren (Rapid) E-Learning basierten Kompetenzwerkst@tt-Lernsoftware zusammen. Die Akzeptanz und Verwendbarkeit der Kompetenzwerkst@tt-Lernsoftware werden durch einen Rapid E-Learning-Ansatz gefördert.

Methoden

Das methodische Vorgehen war zunächst gekennzeichnet durch mit Betrieben durchgeführte Experten­­workshops, die der Identifikation zentraler Handlungsfelder dienten. Die Diskussions­grundlage stellte hierzu eine Zusammenführung der betrieblichen, überbetrieblichen und schulischen Ordnungsmittel dar, die in ein Dutzend Handlungsfelder aggregiert wurden. Die sich im Rahmen der Expertenworkshops ergebende berufspraktische Adaption und Neu­interpretation der aus den Ordnungsmitteln abgeleiteten Handlungsfelder wurde durch typi­sche Kundenaufträge seitens der Betriebe ergänzt.

In einem nächsten Schritt wurden leitfadenbasierte Interviews als Instrument zur Durchführung von Arbeitsprozessanalysen bei den Betrieben genutzt. Die Arbeitsprozessanalysen fokussierten dazu jeweils auf einen im Rahmen der Expertenworkshops identifizierten exemplarischen Kunden­auftrag. Die Aggregation der je Handlungsfeld durchgeführten Arbeitsprozessanalysen diente der detaillierten Ausgestaltung der jeweiligen Handlungsfeldbeschreibungen. Aufgeteilt in die vier Arbeitsprozess­phasen Auftragsannahme, Auftragsplanung, Auftragsdurchführung und Auftragsabschluss wurden hier zum einen die jeweiligen Handlungsschritte, Zuständigkeiten, Methoden und Werkzeuge kon­kretisiert. Zum anderen wurden Kompetenzmatrizen abgeleitet, welche die fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen entfalteten, die zur Ausführung der jeweiligen Arbeitsprozessphase erfor­der­lich sind. Ergänzt wurden die Handlungsfeldbeschreibungen durch die Aufführung von handlungs­feldspezifischen Trends und die dem Handlungsfeld zuzuordnenden Ordnungsmittel.

Parallel zur Erschließung der Handlungsfelder erfolgte die Konzipierung des Rapid E-Learning-An­satzes. Die Lernsoftware basierte hierbei auf dem Rapid E-Learning-Ansatz, der eine schnelle indi­viduelle Anpassung der Inhalte der Lernsoftware durch Laien ermöglicht.

Die Entwicklung der arbeitsprozessorientierten Lerninhalte der Software schloss sich an. Die für jedes Handlungsfeld entwickelten Inhalte stellen zum einen detailliert typische Arbeitsprozesse in Videos dar. In einem Infopool wird neben einer thematischen Einführung zum Überblick in den Bereich das funktionell-strukturelle Wissen vermittelt, das zur Ausführung von Aufträgen in dem Handlungsfeld erforderlich ist. In einem Vertiefungsbereich wird das in beiden Bereichen dargelegte Fachwissen spezifiziert. Maßgeblich wird zudem der Materialbereich ausgestaltet, der auf Quellen in Form allgemeiner Literatur, fachthematischer Dokumente, relevanter Software und nicht zuletzt Internet-Links zur weiteren Wissenserschließung verweist.

Den eigentlichen Kern der Lernsoftware stellen die softwaregestützten Lern- und Arbeitsaufgaben dar, deren Entwicklung im Anschluss an die Erstellung der Lerninhalte der Software erfolgte. Die Lern- und Arbeitsaufgaben basieren auf typischen Kundenaufträgen, die, in Teilaufgaben unterteilt, der Vermittlung der in den Handlungsfeldbeschreibungen dargelegten Kompetenzen dienen.

An die stetige Qualitätssicherung durch betriebliche und schulische Fachexperten schlossen sich – auf der methodischen Basis teilnehmender Beobachtung und quantitativer (Fragebogen basierter) Erhebungen – die Evaluation der Lernsoftware im betrieblichen, überbetrieblichen und schulischen Kon­­­text sowie die Entwicklung und Umsetzung eines Train-The-Trainer-Konzepts an.

Ergebnisse

Im Rahmen des Projekts wurde für den Beruf des Elektronikers für Energie- und Gebäudetechnik eine arbeitsprozessorientierte Lernsoftware entwickelt: In zwölf Modulen, die sich den zentralen Aufgabenbereichen eines Elektronikers widmen, werden typische Arbeitsprozesse mit Hilfe von Videos dargestellt und umfangreiche Inhalte – oftmals animiert oder durch Grafiken und Fotos illustriert – angeboten, die zur Bearbeitung von Kundenaufträgen erforderlich sind. Die Erarbeitung und Erprobung der Software erfolgte gemeinsam mit Projektpartnern, darunter zwölf Elektro-Handwerksbetriebe, drei Überbetriebliche Bildungszentren und drei Berufsschulen.

Die Software umfasst insgesamt mehr als 6 000 Bildschirmseiten und beinhaltet im Einzelnen 60 Arbeitsprozessvideos, fast 600 Animationen, 2 500 Fotos, 2 200 Grafiken und 40 Lern- und Arbeitsaufgaben.

Die Software ist so konzipiert, dass sie von Ausbildern, Lehrern und Auszubildenden problemlos angepasst und erweitert werden kann (Rapid E-Learning). Ein Transfer- und Redaktionssystem – bei dem sich bereits rund 500 Nutzer als Multiplikatoren registriert haben – sichert die Verteilung und Weiterentwicklung der Software. Dabei befinden sich unter den Nutzern – neben vielen Berufsschulen – auch rund 70 Elektro-Betriebe.

An der projektinternen Evaluation der Software und deren Nutzung haben rund 200 Anwender teilgenommen. Dabei bewerteten 58 % der Nutzer die Stabilität und Funktion der Software mit »sehr gut« bis »gut« und 31 % mit »befriedigend«. Das Arbeiten und Lernen mit der Software gefiel 50 % der Nutzer »sehr gut« bis »gut« (37 % »befriedigend«).

Die Auszubildenden wurden im Rahmen der Online-Befragung weiter insbesondere danach gefragt, wie sie ihre Kompetenzen vor und nach dem Arbeiten und Lernen mit der Software in Bezug auf die Bearbeitung eines Kundenauftrages einschätzen. Bei fast allen Aspekten sind Zuwächse zwischen 20 bis 30 % und darüber hinaus zu verzeichnen. So schätzten die Auszubildenden die Frage »Ich kann die Ausführung eines Auftrags strukturiert kontrollieren und mögliche Fehler systematisch beheben« vor dem Arbeiten mit der Software zu 41 % mit »stimmt eher«/»stimmt genau« ein; nach der Nutzung der Software waren es 76 %.

Weitergehende Informationen

Howe, Falk/Knutzen, Sönke (2007). Die Kompetenzwerkst@tt – Ein berufswissenschaftliches E-Learning Konzept. Cuvillier-Verlag. Göttingen.

Knutzen, Sönke/Howe, Falk (2008). E-Learning im Handwerk. In: Issing, Ludwig J./Klimsa, Paul (Hrsg.): Online Lernen. Beltz-Verlag. Weinheim (439–446).

Knutzen, Sönke/Howe, Falk (2008). Softwaregestützte Lern- und Arbeitsaufgaben nach dem Konzept der Kompetenz­werkst@tt. In: berufsbildung. 62. Jahrgang.

Knutzen, Sönke/Howe, Falk (2008). Rapid E-Learning in der gewerblich-technischen Ausbildung – Gestaltbare Lern­software nach dem Konzept der Kompetenzwerkst@tt. In: Howe, Falk/Jarosch, Jürgen/Zinke, Gert (Hrsg.): Inno­vative Ausbildungs- und Medienkonzepte in der überbetrieblichen Berufsbildung am Beispiel des Elektro­handwerks. Bremen (133–156).

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