GRiW

Gestaltung der strukturellen und personellen Rahmenbedingungen zur Implementierung innovativer arbeitsgebundener Weiterbildung

Projektbeschreibung

Weiterbildung gilt als eine zentrale Determinante zur Aneignung neuer Kompetenzen und des lebenslangen Lernens. Allerdings lassen sich bei differenzierter Betrachtung der realen Weiterbildungssituation deutliche Defizite ausmachen. Besonders bezüglich der ungleichen Beteiligungsstrukturen und der Nutzung entwicklungsförderlicher Lernformen besteht Handlungsbedarf. In zahlreichen Forschungsprojekten und Modellversuchen zum Lernen im Arbeitsprozess bzw. am Arbeitsplatz wurden verstärkt seit Ende der 1990er Jahre didaktische Konzepte erprobt. Lernen am Arbeitsplatz benötigt eine entwicklungsförderliche Gestaltung, um einen Beitrag zur beruflichen Handlungsfähigkeit zu leisten, die über die repetitive Bewältigung von Teilaufgaben hinausgeht. Eine in diesem Sinne arbeitsgebundene Weiterbildung stellt einen besonders im Bereich der „einfachen Arbeit“ nach wie vor unsystematisch genutzten und wenig verbreiteten Ansatz dar.

Das Ziel des Projektes GRiW ist die Entwicklung von beruflicher Handlungsfähigkeit durch die Erschließung und systematische Nutzung der Lernpotenziale der Arbeitsprozesse bei weiterbildungsfernen Personen. Gleichzeitig spielt die Förderung der Fähigkeit zur Mitgestaltung der Arbeitswelt eine wesentliche Rolle bei der Konzeption der Weiterbildungsmaßnahmen, indem die Leitidee der Gestaltungsorientierung zugrunde gelegt wird.

Der erste Schwerpunkt des Projekts ist die Umsetzung eines arbeitsgebundenen Weiterbildungskonzepts im Handlungsfeld „einfache Arbeit“ in 20 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Der zweite Schwerpunkt des Projekts ist die nachhaltige Verstetigung durch die Befähigung der Unternehmen zur selbstständigen Anwendung des Weiterbildungskonzepts. Dazu werden 32 innerbetriebliche Multiplikatorinnen und Multiplikatoren praktisch und theoretisch zum Transfer und zum nachhaltigen Einsatz der Instrumente qualifiziert. Die praktische Qualifizierung erfolgt, indem die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren die Instrumente des Weiterbildungskonzepts mit an- und ungelernten Beschäftigten umsetzen. Die theoretische Qualifizierung erfolgt in überbetrieblichen Modulen, die auch zum Aufbau eines Netzwerks dienen.

Fragestellung

Im Projekt stehen die pädagogisch-didaktische Gestaltung von Bildungsprozessen und deren Rahmenbedingungen (Organisation, Ressourcen) sowie die daraus resultierenden Effekte im Mittelpunkt. Ausgangspunkt ist die These, dass selbstgesteuerte, arbeitsprozessgebundene Lernformen bei adäquater Gestaltung und Unterstützung die Kompetenzentwicklung auch von lernungewohnten Personengruppen wie An- und Ungelernten fördern. Ziel ist die Befähigung zur Mitgestaltung der Arbeitswelt, die Förderung lebenslangen Lernens sowie Anschlussmöglichkeiten an formalisierte Weiterbildung zu eröffnen. Eine in diesem Sinne arbeitsgebundene Weiterbildung wird in Abgrenzung zu Anlernverfahren am Arbeitsplatz verstanden, als pädagogisch organisiert, aber selbstgesteuert, wobei die Lerninhalte durch die Arbeitsumgebung definiert werden.

Eine wesentliche Frage ist, welche Effekte sich durch die Auseinandersetzung mit problemorientierten Aufgaben, eingebettet in authentische Arbeitskontexte, auf die Kompetenzentwicklung der Teilnehmenden ergeben. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, welche Faktoren maßgeblich zum Erfolg beitragen bzw. welche Optimierungspotenziale zu identifizieren sind. Darüber hinaus kann angenommen werden, dass sich durch die Weiterbildung außersubjektive Effekte für das Unternehmen ergeben wie z. B. eine Verbesserung der Arbeitsabläufe und Steigerung der Produktivität.

Die Auseinandersetzung mit charakteristischen Arbeitsaufgaben im Bereich der „einfachen Arbeit“ eröffnet zudem das Feld der Analyse von Tätigkeitsfeldern und Beschäftigungsstrukturen. Hier sind vor allem Veränderungen des Anforderungsniveaus der „einfachen Arbeit“ und die Schnittmengen mit der Facharbeit interessant sowie daraus resultierende Interdependenzen mit den Weiterbildungszielen der Unternehmen.

In Bezug auf die Nachhaltigkeit der Lernform wird untersucht, welche Hemmnisse und Erfolgsfaktoren die betrieblichen Akteurinnen und Akteure identifizieren, wenn es um den Transfer und die selbständige Anwendung der Instrumente und Methoden geht.

Methoden

Im Projekt wird ein spezifisches Lernkonzept zugrunde gelegt, welches durch die Modifizierung und Anwendung unterschiedlicher berufswissenschaftlicher Methoden und Instrumente im Bereich der „einfachen Arbeit“ umgesetzt wird. Das Lernkonzept fußt auf der Annahme, dass das Zielprofil für die zu entwickelnden Weiterbildungsmaßnahmen die empirisch vorfindbaren Arbeitsaufgaben eines betrieblichen Tätigkeitsfeldes sind. Aus den charakteristischen Arbeitsaufgaben werden die Weiterbildungsmaßnahmen curricular-didaktisch transformiert. Eine wichtige Herausforderung ist dabei die parallele Gestaltung der organisationalen Rahmenbedingungen. Folgende Instrumente des Weiterbildungskonzepts kommen zum Einsatz:

Weiterbildungsbedarfsanalyse: Mittels Weiterbildungsbedarfsanalysen werden lernförderliche und lernhinderliche Strukturen in den Unternehmen identifiziert und in Bezug auf Arbeitsbereiche und Personengruppen Weiterbildungsbedarf generiert. Als Referenzrahmen dient das Ideal des Lernenden Unternehmens.

Experten-Workshops: In Experten-Workshops werden betriebliche Tätigkeitsfelder empirisch analysiert. Die Ergebnisse der Workshops definieren die Referenzsysteme (Zielprofil) für das Weiterbildungsprogramm.

Innerbetriebliche Weiterbildungsprojekte: Im Zentrum des Lernkonzeptes stehen die innerbetrieblichen Weiterbildungsprojekte (IWP), die aus den Arbeitsaufgaben abgeleitet und nach didaktischen, gestaltungsorientierten Kriterien konzipiert und durchgeführt werden. Damit steht das projektförmige, prozess- und aufgabenorientierte Lernen in problemhaltigen Situationen der beruflichen Realität im Mittelpunkt. Ergänzt werden die IWP durch klassische Seminare.

Lernberatung: Geschulte innerbetriebliche Lernberaterinnen und Lernberater unterstützten die Weiterbildungsteilnehmerinnen und Weiterbildungsteilnehmer mittels begleitender Prozessberatung. Die Lernberaterinnen und Lernberater werden innerhalb des Projektes für ihre Aufgaben in überbetrieblichen Seminaren qualifiziert.

Change-Workshops: Die innerbetrieblichen Workshops dienen der Kommunikation, Koordination und Transparenz sowie der Förderung einer klaren Rollen- und Aufgabenverteilung innerhalb des Projektes. Dabei werden Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Abteilungen und Hierarchieebenen an der Gestaltung des betrieblichen Weiterbildungsprozesses beteiligt.

Evaluation: Um die individuellen Effekte des Lernens bei An- und Ungelernten zu ermitteln, wird ein Instrument zur qualitativ-performanz orientierten Erfassung der Kompetenzentwicklung eingesetzt. Dabei dienen die Inhalte der Arbeitsaufgaben als Referenzrahmen. Grundlage der Bewertung ist die IWP-Ergebnisvorstellung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihre Kompetenz durch ein der Aufgabenstellung adäquates Handeln in der betrieblichen Praxisgemeinschaft nachweisen und begründen müssen (Handlungsvalidierung).

Zum anderen wird das gesamte Weiterbildungsprogramm, die Nachhaltigkeit der Lernform sowie die subjektiven (Kompetenzentwicklung) und außersubjektiven Effekte (Nutzen für das Unternehmen, Weiterbildungsziele, Erfolgsfaktoren) qualitativ und quantitativ erfasst. Dazu werden Leitfaden-gestützte Interviews, Feedbackgespräche/-runden, Auswertung von Dokumenten, Fragebögen und Workshops eingesetzt.

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