Der schulische Lernort: Zwischen institutioneller Entgrenzung und sozialer Verräumlichung?

Autoren
Ahrens, Daniela
Erscheinungsjahr
2009
Zusammenfassung
Der Sammelbegriff „Entgrenzung“ hat mittlerweile auch die Pädagogik und das Lernen erfasst. Empirische Evidenz erlangte der Entgrenzungsbegriff zunächst hinsichtlich der räumlichen, zeitlichen und sozialen Entgrenzung von Arbeit sowie den damit zusammenhängenden Grenzüberschreitungen zwischen Arbeitswelt, Freizeit und privater Lebenswelt. Mit Blick auf die Pädagogik und das Erziehungssystem rücken unter dem Begriff Entgrenzung Prozesse der sozialen, räumlichen und zeitlichen Entgrenzung des Lernens in den Blick. Angesprochen sind damit insbesondere die an Bedeutung zunehmenden außerinstitutionellen lebensweltlichen Bildungsprozesse. Institutionalisierte pädagogische Angebote verlieren ihre Monopolstellung, wenn die Familie, die Gleichaltrigen oder aber Freizeitangebote als Lern- und Bildungsorte bezeichnet werden. Dabei erleben wir derzeit eine widersprüchliche Entwicklung: Einerseits ist die Relevanz außerschulischer Lernorte für die Kompetenzentwicklung Jugendlicher unstrittig, andererseits konzentrieren sich empirische Arbeiten der Bildungsforschung nach wie vor auf formale institutionelle Lernorte. Die Schule fungiert zwar als zentrale Sozialisationsinstanz und bestimmt im Wesentlichen den jugendlichen Zeitrhythmus, aber parallel dazu haben sich neue jugendliche Lebenswelten ausdifferenziert, die Gelegenheiten zum informellen Lernen eröffnen. Die informell strukturierten Orte ebenso wie die nonformal organisierten Sozialsysteme finden jedoch in den gegenwärtigen Untersuchungen zur Kompetenzentwicklung keine oder nur eine marginale Anerkennung (vgl. Thole/Höblich 2008). Dass hinsichtlich der Rolle außerschulischer Lernorte für die Kompetenzentwicklung Jugendlicher erheblicher Forschungsbedarf besteht, betont auch der zwölfte Kinder- und Jugendbericht (2005) und warnt vor einer „bildungskonzeptionellen Monokultur“ (ebd., S. 121) angesichts des schulbezogenen Bias.
Seiten
73 – 86
scroll-top