Georg Simmel – Phänomenologische Vorarbeiten für eine Sozialraumforschung

Autoren
Ahrens, Daniela
Erscheinungsjahr
2008
Zusammenfassung
Mit Georg Simmel begegnet uns ein Denker, der als „Pionier“ raumsoziologischen Denkens gilt, und dies insbesondere aufgrund seiner soziologischen Bestimmung der Grenze als eine sich räumlich formende soziale Tatsache. Gleichzeitig wird sich jedoch auch auf Simmel bezogen, wenn es darum geht, den Modernisierungsprozess als einen Prozess der zunehmenden Emanzipation vom Raum zu lesen. Danach verliert die Raumkategorie im Zuge gesellschaftlicher Modernisierung zunehmend an Relevanz zugunsten sozialer Bezüge. Lediglich in vormodernen Gesellschaften fungiere der Raum als eine zentrale Dimension der Vergesellschaftung. Die Konsequenz dieser Lesart war (und ist), dass soziologische Analysen sich auf soziale Handlungs- und Kommunikationszusammenhänge konzentrier(t)en. Diese Widersprüchlichkeiten in Simmels Arbeiten lassen es folgerichtig erscheinen, dass Andrea Glauser in ihrer aktuellen Rezeption der raumsoziologischen Arbeiten Simmels von Simmel als einem „Pionier mit paradoxen Folgen“ ausgeht (Glauser 2006). Diese Interpretation gründet sich insbesondere auf Simmels Analyse des Bedingungsgefüges des Sozialen und des Räumlichen. Es finden sich in seinen Schriften gleichermaßen Aussagen, die die Behälterraumvorstellung nähren — insbesondere seine These des „unerfüllten Raumes“, als auch Hinweise dafür, dass erst soziale Praktiken und menschliche Wahrnehmungen sowie Vorstellungen den Raum konstituieren: „Wir schauen nicht den Raum der Dinge als ein Objekt an, sondern das eben heißt Anschauen, dass wir Empfindungen in die eigentümliche, nicht zu beschreibende, nur zu erlebende Ordnung bringen, die wir Räumlichkeit nennen“ (Simmel 1997: 80).
in
Kessl, Fabian; Reutlinger, Christian (Hrsg.) (2008): Schlüsselwerke der Sozialraumforschung, Wiesbaden: Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften
Seiten
78 – 93
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